In einem offenen Brief an die amtierende Verteidigungsministerin haben sich nun die Kommandanten der aufgebotenen Milizkompanien darüber beschwert, dass die einberufenen Milizsoldaten weniger Geld bekommen als jene, die sich freiwillig zum Dienst im Bundesheer zur Verfügung gestellt haben.
Das erlaubt die Frage, ob man sich das erforderliche Personal so kaufen kann und soll?
Tatsache ist, dass es in Österreich zahlreiche Organisationen gibt, die nur durch eine entsprechende Anzahl an in ihnen tätigen Menschen ihre Tätigkeit ausüben können. So etwa das Rote Kreuz, die Freiwilligen Feuerwehren und viele mehr.
Diese Freiwilligen bekommen aber keine Entschädigung. Im Gegensatz dazu versucht das Bundesheer durch Bezahlung freiwilliges Personal zu lukrieren, um seine personalintensiven Aufgaben bewältigen zu können. Das hat schon im vorigen Jahrhundert dazu geführt, dass Freiwillige in gewissen Fällen mehr verdienten als Berufssoldaten (sogar solche in leitenden Funktionen!). Ein nicht befriedigender Zustand. Leider hat man daraus aber nichts gelernt und übersehen, dass man ein System finden muss, das eine gefühlte Ungerechtigkeit bei allen Bediensteten verhindert.
Dieses System muss bei den Berufssoldaten und -soldatinnen beginnen. Klar ist, dass die für die einzelnen Funktionen verlangte Qualifikation der Gradmesser sein muss, der die Höhe der Grundbezüge bestimmt. So ist zum Beispiel unverständlich, warum etwa für die Ausübung einer Offiziersfunktion ein akademisches Studium verlangt, das aber im Dienst- und Besoldungsrecht nicht umgesetzt wird.
Weiterlesen: Das Problem der Freiwilligkeit und die Bezahlung im Bundesheer
Betrifft: Offener Brief
Bezug: Artikel in Die Presse vom Donnerstag, 04. Juni 2020 Seite 2; Leitartikel
Sehr geehrten Herrn Martin Fritzl
Inlandsredaktion Die Presse per E-Mail
Sehr geehrter Herr Fritzl!
Danke, dass Sie sich in zahlreichen Beiträgen in der Zeitung Die Presse mit dem Thema Bundesheer intensiv beschäftigen. Das machen leider zu wenige österreichische Medien und Journalisten / Journalistinnen. Allerdings – so meine Erkenntnis – gehen Sie nicht immer von richtigen Annahmen aus und übersehen auch manche relevante Aspekte in Ihren Ausführungen. Das kann zu Trugschlüssen führen.
Diesen offenen Brief schreibe ich daher nicht als Kritik an Ihnen und Ihrer journalistischen Arbeit, vielmehr verstehe ich ihn als Dialogangebot und biete Ihnen diesen auch gerne an.
So zum Beispiel scheinen Sie die Meinung zu vertreten, dass Landesverteidigung „nach Schweizer Vorbild“ bedingt, dass es genauso gemacht werden muss. Das aber würde bedeuten, dass die für Österreich notwendigen speziellen Erfordernisse unberücksichtigt bleiben.
So etwa die beim Wiedererstehen der Republik Österreich gegebene Lage Österreichs unmittelbar an der Grenze zum sowjetischen Einflussbereich. Das ist ein gravierender Unterschied zur Schweiz, die Österreich immer als Puffer zwischen sich und einer Bedrohung durch den Warschauer Pakt sehen konnte und auch gesehen hat. Die Schweiz hatte also immer eine entsprechende Vorwarn- und damit Vorlaufzeit, die Österreich nie haben konnte und daher andere Lösungen für seine Verteidigung suchen musste.
Wir haben diese auch gefunden: Durch die Konstruktion einer bestimmten Anzahl an einsatzbereiten Verbänden und weiteren bei Bedarf aufbietbaren Kräften, unsere Miliz.
Was die einsatzbereiten Verbände anlangt fand man folgende Lösung: Man schuf einen mit Rekruten befüllten Kader-Rahmen, der einerseits die Rekruten ausbildete, andererseits ab einem bestimmten Zeitpunkt als einsatzbereiter Verband zur Verfügung stand. Bei einer entsprechenden Staffelung der Einrückungstermine und Dauer der Inanspruchnahme der Grundwehrdiener waren also zum Beispiel von 3 Panzerbataillonen 1 einsatzbereit, 1 mit der Ausbildung neuer Rekruten und 1 „ohne“ Rekruten (mit Kaderfortbildung, Urlaubs- und Zeitausgleichabbau etc.) beschäftigt. Ökonomischer und auch personalfreundlicher geht es wohl nicht, oder?
Dabei hätten die beiden nicht einsatzbereiten Verbände durch Wiedereinberufung ihrer zuletzt abgerüsteten und ausgebildeten Rekruten rasch wieder einsatzbereit gemacht werden können.
Und: Jeder Einsatzverband hatte auch einen Milizanteil! So durfte ich selbst Kommandant eines Panzergrenadierbataillons sein, das zuletzt über 4 Panzergrenadierkompanien verfügte. 3 aktive und 1 Milizkompanie, die auch regelmäßig und mit ihrem Gerät (das der aktive Verband lagerte und wartete) übte.
Wir waren optimal auf unsere spezielle Lage hin orientiert, ökonomisch und milizartig organisiert. Warum haben manche damit ein Problem?
Servus Siegfried!
Ja, seit Jahren ist der Bgdr a.D. Hr. Schaffer ein Lieferant von militärischen Möchtegernexpertisen. Ja und in Mathematik dürfte er auch gefehlt haben, sonst wüsste er, dass bei absoluter Erhöhung des Verteidigungsbudgets die relativen Personalkosten sinken. Auch dass viele Berufssoldaten eine Mob-Beorderung haben scheint er verschlafen zu haben. Das schweizer Milizsystem ist außerdem eines der teuersten Systeme der Welt, er war offensichtlich noch nie dort.
Danke für die Gegendarstellung Siegfried.
Weiterlesen: Ein Kommentar zum Artikel "Hasst er Berufssoldaten?"
Bezug: Artikel von Martin Fritzl in Die Presse vom Mittwoch, 27. Mai 2020 auf Seite 2 „Schaffer: „Es gibt mit Ach und Krach 1500 Milizsoldaten“
Es ist schon seltsam, dass eine so renommierte Zeitung wie Die Presse immer wieder erlaubt, Repräsentanten von völlig bedeutungslosen Vereinen im Gegensatz zu anderen Organisationen unreflektiert zu Wort kommen zu lassen. Es wäre nämlich zu hinterfragen, wie viele Milizsoldaten und Milizsoldatinnen Herr Schaffer eigentlich vertritt? Oder ob er nicht ausschließlich seine Ideen verkaufen möchte?
Egal, jeder darf seine Meinung haben und vertreten. Daher möchte ich auch sachlich auf Schaffer antworten: Er hat in manchen Punkten natürlich völlig recht: Die materielle Ausstattung des Bundesheeres entbehrt weitgehend jeder Kritik – vor allem was die Mobilität anlangt. Er hat auch recht, wenn er die Wiedereinführung von Übungen für die Miliz fordert. Deren Aussetzung durch den damaligen Verteidigungsminister Platter und die Verkürzung des Grundwehrdienstes auf 6 Monate haben dazu geführt, dass man jetzt für militärische Einsätze jedenfalls zu wenig einsatzbereite Truppen und vor allem keine Milizverbände mehr hat. Schaffer irrt allerdings oder beweist Unkenntnis, wenn er bezogen auf die derzeitige Situation von „Mobilmachung von Milizverbänden spricht, weil in Wirklichkeit nur einzelne Milizeinheiten und keine Milizverbände mobilisiert wurden. Das ist fachlich ein gravierender Unterschied.
Was Schaffer jedoch völlig negiert ist die Tatsache, dass „nach schweizer Vorbild“ nicht automatisch bedeutet, dass man es genau so machen muss. Die Schweiz hatte nämlich immer ganz andere Voraussetzungen als Österreich, das unmittelbar an den Ostblock grenzte. Es wurde in der Schweiz immer mit einem entsprechenden zeitlichen Vorlauf kalkuliert, den Österreich aber nie haben konnte.
Kameraden!
Folgende Links führen zu lesenswerten Beiträgen im Profil bzw. zur Kleinen Zeitung:
Zu beiden Themen hat sich unser Präsident auch auf Facebook geäußert ( https://www.facebook.com/profile.php?id=100010959756056 )
Viel Spaß beim Lesen und einen schönen Sonntag!