Wie funktioniert Militär?
Folge 2: Miliz neu denken?
„Der Einsatz militärischer Kräfte kann nur dann erfolgreich sein, wenn innerhalb kürzester Zeit der „Gegner“ zeitlich und räumlich begrenzt in eine für ihn aussichtslose Situation gebracht werden kann. Er muss verlässlich die Erkenntnis gewinnen, entweder aufzugeben oder sein Scheitern zu erleben.
Das setzt voraus, dass jederzeit entsprechende militärische Formationen verfügbar sind. Deren Stärke und Bewaffnung muss an den erwartbaren Einsatzszenarien ausgerichtet sein. Militärische Formationen müssen daher vielseitig verwendbar sein.“
Das ist unter dem Titel „Wie funktioniert Militär?“ im Teil 1 ( www.igbo.at ) ausgeführt.
Wie sieht es unter diesem Aspekt mit der Miliz aus?
Wenn man davon ausgeht, dass ein sofortiger Einsatz von militärischen Kräften erforderlich ist, um einen Erfolg erreichen zu können, dann stellt sich berechtigt die Frage: Können wir unsere Miliz so rasch verfügbar machen, dass der Erfolg damit sichergestellt werden kann? Weiters stellt sich die Frage, was der Einsatz von Miliz kostet und welcher Schaden dadurch z. B. der Wirtschaft (durch die dann fehlenden Arbeitskräfte) entsteht? Da gilt es Abwägungen zu treffen, um richtig entscheiden zu können.
Noch in der Zeit des kalten Krieges ging man von einer entsprechenden „Vorwarnzeit“ aus und hatte ein ausgeklügeltes Alarmierungssystem zur Hand, um die Milizkräfte des Bundesheeres verfügbar zu machen. Die Zeit bis zum Wirksamwerden der Miliz konnte man mit jenen Truppen überbrücken, die gerade durch ihren Einrückungstermin und Ausbildungsstand einsatzbereit waren. Das war zumindest 1 bis 2 Brigaden mit den erforderlichen Unterstützungsteilen.
Aufgrund der durchgeführten „Reformen“ (verkürzte Dauer der Inanspruchnahme der Wehrpflichtigen und Aussetzung der Übungspflicht für Miliztruppen) haben wir heute leider weder ständig verfügbare Einsatzverbände noch rasch verfügbare Miliz mehr. Obwohl genau dies etwa bei Blackout, Naturkatastrophen und Terrorangriffen eindeutig notwendig wäre!
War es früher möglich, Milizsoldaten auch aus großen Entfernungen (z. B. aus Vorarlberg) nach Wien zu holen, um dort zeitgerecht Truppen verfügbar zu machen, so ist dies heute etwa bei einem Blackout völlig undenkbar. Wie sollen Milizsoldaten in einer solchen Situation alarmiert, gesetzeskonform einberufen werden und an ihren Einsatzort kommen können?
Man muss wohl Organisation sowie Funktion von Miliz neu denken und so gestalten, dass sie ihren Beitrag zur Sicherheit Österreichs auch in den derzeit denkbaren Szenarien leisten kann.
Vielleicht wäre es hilfreich, bei den anderen „Blaulichtorganisationen“ Anleihen zu nehmen? Feuerwehrmänner und -frauen werden sich bei einem Blackout vermutlich einfach auf ihr Fahrrad schwingen und zum Feuerwehrhaus fahren, um Informationen zu erhalten und bereit zu sein. Das aber könnten Milizsoldaten und -soldatinnen ähnlich machen, wenn sie an ihrem Wohnort Aufgaben wahrzunehmen und nicht viele Kilometer zur nächsten Kaserne zurückzulegen hätten.
Auch beim Schutz kritischer Infrastruktur und bei Katastrophen könnte das ein wichtiger Aspekt sein, um rasch Kräfte am Ort des Bedarfes zur Wirkung bringen zu können.
Wobei im Zusammenhang mit anderen Einsatzorganisationen ausschließlich der Aspekt Kooperation und Ergänzung eine Rolle spielen darf und Konkurrenzierung zu verhindern ist.
Neben dem erforderlichen politischen Konsens muss das Einvernehmen zwischen den Organisationen bis hin zum jeweiligen Einsatzleiter im Vordergrund stehen. Klar formulierte Aufgaben und Kompetenzen sind erforderlich. Schließlich geht es um die Sicherheit von uns allen und nicht um die Eitelkeit einzelner Personen. Oder?
Zusammenfassend kann man sagen: Die Einsatzmöglichkeiten des Bundesheeres und somit der Miliz sind vielfältig und gehen weit über das rein Militärische hinaus. Von Regierung und Gesetzgeber ist zu verlangen, dass man sich an den Aufgabenstellungen für das Bundesheer und deren Komplexität orientiert und dann bewusst entscheidet, welche gesetzlichen Vorgaben erforderlich sind – auch für die Miliz!.
Die Komplexität all dieser Zusammenhänge muss durch Regierung und Gesetzgeber in einem Lösungspaket zusammengefasst und geregelt werden. Das ist möglich, wenn man sich darum bemüht, einander vertraut, auf die Fachleute hört und sich der Verantwortung für die Sicherheit Österreichs und der in unserem Land lebenden Menschen bewusst ist.
Dass seitens des Bundesministeriums für Landesverteidigung ein „Weißbuch“ erstellt wird, wo die künftigen Erfordernisse klar dargestellt werden sollen, ist begrüßenswert. Wir hoffen, dass es für die künftige Bundesregierung und vor allem für den Nationalrat eine Basis für sinnvolles und verantwortungsbewusstes Handeln im politischen Konsens wird.
Denn: Nur gemeinsam sind wir stark!