Es muss eigentlich jedem klar sein, dass er nicht alleine alles wissen kann. Tatsache ist aber, dass manche genau das glauben machen und offensichtlich auch davon überzeugt sind. Wer dem nicht widerspricht, der signalisiert Zustimmung. Das verleitet dann aber oft zu Fehlschlüssen. Um das zu vermeiden hat der Präsident der IGBO nachstehenden Leserbrief (Kommentar) an die Zeitung Der Standard geschickt:
Nehmen wir uns selbst ernst?
Leserbrief oder Kommentar der Anderen
(Bezüge: Der Standard vom 3. Juli; Seite 31; Kommentar der Anderen; „Warum die Eurofighter nutzlos sind“ von Thomas Nowotny und „Desaströse Realität beim Bundesheer zu lange zugedeckt“ von Friedhelm Frischenschlager)
Es ist für mich eine äußerst interessante Erkenntnis, dass ein ehemaliger Berater eines österreichischen Bundeskanzlers und ein ehemaliger Verteidigungsminister weder die Komplexität einer Frage erkennen noch sachlich darauf eingehen können, sondern sich in Details verlieren beziehungsweise ausschließlich polemisch argumentieren.
Ich nehme zwar nicht an, dass sich Nowotny als Experte in militärischen Angelegenheiten betrachtet, aber alleine die Wahl der Überschrift seines Kommentars erweckt genau diesen Anschein. Beides, sowohl der Titel des Kommentars als auch der Versuch, als Militärexperte zu erscheinen, sind für mich schlichtweg irreführend.
Gerade ein Diplomat sollte die Rechtslage (Völkerrecht) und die daraus auch für einen neutralen Staat erwachsenden Verpflichtungen kennen und in seinen Wortmeldungen berücksichtigen. Wir haben unseren Luftraum zu schützen! Das hat wohl auch Dr. Kreisky seinerzeit dazu bewogen, der Beschaffung des schwedischen Abfangjägers vom Typ Draken zuzustimmen. Obwohl es auch damals jedem klar sein musste, dass mit der beschafften Anzahl keine Luftverteidigung im klassischen Sinne möglich war. Aber: Man konnte zumindest den aus dem Völkerrecht resultierenden luftpolizeilichen Aufgaben nachkommen und den eigenen Luftraum kontrollieren und verhindern, dass dieser zur Spielwiese anderer wurde. Wenn Nowotny darin keinen sinnvollen Beitrag zur Wahrung unserer Souveränität und keine sinnvolle Maßnahme zur Durchsetzung politischer Ziele erkennt, dann stellt sich die Frage, ob er die Geschichte kennt? Wäre die Schweiz für Nazideutschland ein „billiges“ Opfer gewesen, was hätte Hitler davon abhalten sollen, es zu besetzen? Die Glaubwürdigkeit des Verteidigungswillens und die dafür bereitgestellten Kapazitäten waren wohl Hauptursache dafür, dass genau das nicht erfolgte. Wer sich also selbst ernst nimmt und glaubwürdig agiert, der kann auch (politisch-diplomatische) Erfolge erzielen. Alles andere ist bestenfalls Glück oder Unvermögen der anderen. Darauf zu spekulieren halte ich aber für unverantwortlich!
Frischenschlager kann man nur fragen: Was hat er selbst und seine Partei dazu beigetragen, dass man in Österreich Sicherheits- und Verteidigungspolitik ernst nimmt? Die in seinen Worten erkennbare Unsachlichkeit und Polemik ist dafür jedenfalls nicht geeignet.
Einzig die Interessensgemeinschaft der Berufsoffiziere und die in der Plattform Wehrhaftes Österreich zusammengeschlossenen Verbände verlangen mit Nachdruck, dass in diesen Fragen im politischen Konsens gehandelt und entschieden wird. Das setzt natürlich voraus, dass man miteinander diskutiert, dass man zu Kompromissen bereit ist und vor allem, dass man die Staatsinteressen vor die Interessen der jeweiligen Partei stellt. Sachlichkeit ist dafür eine Grundvoraussetzung.
In der politischen Realität aber sehen wir genau das nicht und auch die verzichtbare Wortspende des Herrn Frischenschlager signalisiert außer seiner Untätigkeit nichts. So wird weder unser Bundesheer noch unsere Verteidigungspolitik positiv beeinflusst werden. So wird bestenfalls unsere Glaubwürdigkeit, unsere Vertrauenswürdigkeit weiter untergraben und Österreich der Lächerlichkeit preisgegeben.
Von gebildeten Menschen, die in höchsten politischen Funktionen tätig waren und noch immer sind, von jenen, die berufen waren, höchste politische Funktionäre unserer Republik zu beraten, erwarte ich deutlich mehr. An ihren Taten messen wir sie, nicht an ihren Worten!
Tit.Prof. Dr. Siegfried Albel, MSD MSc, Oberst in Ruhe
Präsident der IGBO
Mitglied des Präsidiums der Plattform Wehrhaftes Österreich
www.igbo.at
www.wehrhaftes-oesterreich.at
P.S.: Es gibt doch aufmerksame Leserinnen und Leser, denen mein "freud´scher Versprecher" aufgefallen ist: Unter Kreisky wurden die SAAB 105 und nicht die Draken beschafft. Letztere wurden unter der Sinowatz angekauft. Damals war Frischenschlager Verteidigungsminister (!)