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Quo vadis Bundesheer?

Wer gemeint hat, auf diese so oft gestellte Frage mit dem eigentlich sehr hoffnungsvollen Bericht der Reformkommission eine Antwort gefunden zu haben, der hat gründlich geirrt. Und wer geglaubt hat, daß es nun aufwärts ginge mit Landesverteidigung und Heer, wohl noch mehr, auch wenn er seine Erwartungen von vorne herein nicht allzu hoch gesteckt und sich mit der Notwendigkeit schmerzlicher Umsetzungsmaßnahmen abgefunden haben mag. Jedenfalls scheint von alledem, was da geplant und versprochen wurde, wenig übrig zu bleiben.

Denn wo sieht man konkrete Maßnahmen hinsichtlich der Integration in die Gesellschaft oder dem Zusammenwirken mit der Wirtschaft. Hat sich etwa der Soldatenalltag wirklich verbessert, wenn heute die Systemerhaltung nur mehr unter großen Schwierigkeiten aufrecht erhalten werden kann – mit der täglichen Stunde Sport vielleicht? Wo sind die Laufbahnperspektiven, modernen Wohnungen und sonstigen Besserstellungen für unsere Soldaten in den Kaderpräsenzeinheiten? Wo fühlt man wirklich „Wir geben alles“ oder „Mach Karriere“, wie es im Internet und auf den Werbeplakaten an den Kasernen propagiert wird? Haben hochrangige Milizsoldaten etwa nicht recht, wenn sie öffentlich die Fähigkeit des Heeres zur Aufgabenerfüllung weitgehend in Frage stellen? Oder können wir wirklich alle das Gegenteil glauben? Wie soll es mit der unbestritten wichtigen Miliz weitergehen, wenn der Vorsitzende der betreffenden Arbeitsgruppe sich veranlaßt sieht, das Handtuch zu schmeißen?

Was wirklich voranzugehen scheint, ist die Einnahme der neuen Heeresgliederung. Ansonsten scheint die Realität doch eine andere zu sein. An allen Ecken und Enden fehlen nötiges Personal und nötige Mittel, obwohl die Aufgaben immer mehr werden und an die Grenze des Machbaren führen. Als Draufgabe wird eine Eurofighterdiskussion geführt, die nicht nur an die Grundfesten der Landesverteidigung rührt, sondern überhaupt unsittlich ist. Unsittlich deshalb, weil es nicht zulässig sein kann, Soldaten unter Einsatz ihres Lebens in Krisengebiete zu entsenden und ihnen gleichzeitig aus finanziellen Gründen das beste Fluggerät zu ihrem Schutz absprechen zu wollen. Unsere Führung mag sich zwar manchmal dazu in der Öffentlichkeit äußern, sagt uns den Geführten gegenüber dazu aber nicht sehr viel. Zumindest kann man diesen Eindruck haben.

Wen würde es wundern, wenn dabei Führungs- und Unternehmenskultur massiven Schaden nehmen, wenn Motivation und Vertrauen angesichts dessen in Gefahr geraten und schließlich abhanden werden? „Vertrauen zwischen Führer und Geführten ist Voraussetzung jeden Erfolges und die Grundlage für den Zusammenhalt in Not und Gefahr.“*) Vertrauen wird aber zunächst nur als Vorschuß geschenkt und muß immer wieder erworben werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn mit der Bundesheerreform 2010 eine Zielerreichung zu vertreten ist, die nicht unbedingt im Einklang mit den Bedürfnissen mancher Geführten steht oder deren Stimmig- und Schlüssigkeit keineswegs mehr so klar ist.

Dürfen wir uns nun deswegen aus der Fassung bringen lassen oder uns damit begnügen, „die da oben“ zu kritisieren und ansonsten auf bessere Zeiten zu warten? Sicher nicht! Denn auch wir sind als Kommandanten Führer, die Vertrauen haben wollen, und die uns anvertrauten Soldaten haben ein Recht auf Führung.

Motivation und Vertrauen sind etwas, um das sich alle, Führer wie Geführte, immer wieder bemühen müssen. Wer das nicht will, der wird nicht motivieren können und kein Vertrauen erlangen. Und wer dazu nicht bereit ist, sich zu öffnen, der wird keine Motivation finden können und am eigenen Mißtrauen zerbrechen.



*) zit. UHLE-WETTLER in: Dirk W. OETTIG, Motivation und Gefechtswert - Vom Verhalten des Soldaten im Kriege, 2. Aufl., Report-Verlag GmbH, Frankfurt a.M., Bonn, 1990, S. 221 f.