Leserbrief von Obst Ing. Erich Krückl:
Zum Thema Wehrpolitik: Initiative ist notwendig!
Ich teile grundsätzlich die Meinung, dass sich Europa in Sicherheitsfragen vor weitaus höheren Herausforderungen befindet als noch vor wenigen Jahren. Der Konflikt in der Ukraine birgt tatsächlich die Gefahr, zu einem Konflikt USA (NATO) – Russland zu eskalieren.
Die Analyse dazu in der Ausgabe 03/15 der IGBO-Nachrichten:
„Tatsache ist, dass sich das Vorgehen Russlands weder als vertrauensbildend darstellt noch als friedfertig zu beurteilen ist. Vielmehr stiftet es Unsicherheit und Unruhe.“
- mag durchaus richtig sein. Allerdings muss dazu angemerkt werden, dass auch politische Handlungen des Westens zu diesem Konflikt geführt haben.
Nach dem Fall des eisernen Vorhanges hat sich die NATO bis an die Grenzen Russlands ausgedehnt. Unser Herr Bundespräsident Fischer hat unlängst bei einem Vortrag an der Landesverteidigungsakademie von einer „Schmerzgrenze Russlands“ gesprochen. Besonders strapaziert wurde diese Schmerzgrenze, als nicht nur ehemalige Staaten des Warschauer Paktes in die NATO aufgenommen wurden, sondern auch ehemalige Sowjetrepubliken.
Auch die Vorgangsweise der EU in Bezug auf das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine hat wegen der Nichtberücksichtigung von russischen Interessen zum Konflikt beigetragen.
Der frühere sowjetische Staats- und Parteichef Michael Gorbatschow hat bei den Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag des Mauerfalls in Berlin schwere Vorwürfe gegen den Westen erhoben. „Die Welt ist an der Schwelle zum kalten Krieg“ sagte er mit Blick auf den Ukraine-Konflikt.
Der frühere deutsche Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher hat sich bei diesen Feierlichkeiten ebenfalls besorgt geäußert und die Wiederbelebung des Nato-Russland-Rates vorgeschlagen.
Am 29. Dezember 2014 veröffentlichte die Tageszeitung Kurier ein Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden der Raiffeisenbank International Karl Sevelda. Auf die Frage bezüglich Osteuropa sagte Sevelda:
Ich hoffe auf Lösungen im Russland-Konflikt. Doch die USA scheinen leider bereit zu sein, Putin bis zum letzten Europäer zu bekämpfen. Auch wenn es Utopie ist: Man hätte den ursprünglich eingeschlagenen Weg weitergehen sollen, dass Russland Teil Europas und irgendwann auch der EU sein könnte.
Nach seinem Neujahrswunsch befragt, sagte Sevelda am Ende des Interviews:
Alle Beteiligten zurück an den Verhandlungstisch. Wir sollten aus dem Ersten Weltkrieg lernen, wo alle in eine Katastrophe hineingeschlittert sind, die keiner wollte.
Ich halte grundsätzlich die Idee zur Gründung eines Dachverbandes aller wehrpolitischen Vereine, um gemeinsame Initiativen in wehrpolitischen Fragen zu setzen, für durchaus positiv. Wir müssen uns allerdings bemühen, objektive Analysen zu erstellen und nicht einseitig, dem „Mainstream“ folgend beurteilen und informieren. Auf keinen Fall sollten wir bei der künstlichen Beschaffung von Feindbildern, was meiner Meinung nach seit geraumer Zeit von den westlichen Medien bei der Berichterstatung über den Ukrainekonflikt versucht wird (Feindbild Russland), mitwirken.
Wir dürfen nicht der Propaganda des Kreml, aber auch nicht der Propaganda des Pentagons unterliegen. Wenn wir uns schon anmaßen, die Vorgangsweise Russlands in der Ukrainefrage zu kritisieren, dann müssen wir gleichzeitig aber auch die politischen Handlungen des Westens (z.B. NATO-Osterweiterung) kritisch betrachten. Nur so können wir glaubhaft „gegen falsches Handeln in unserer Verteidigungspolitik“ argumentieren.
Obst Ing. Erich Krückl
Kommentar des Verfassers des zitierten Beitrages:
Grundsätzlich teile ich die Meinung des Herrn Obst Ing. Krückl und wenn provokantes Verhalten auch auf Seiten westlicher Staaten zu finden ist, muss man es verurteilen. Aber werden Staaten in die NATO gegen ihren Willen aufgenommen? Warum, frage ich mich, soll die NATO Staaten, die aufgenommen werden wollen, nicht aufnehmen? Die NATO hat durchaus auch schon bewiesen, dass durch Mitgliedschaft in diesem (politischen!) Bündnis eine gefährliche Situation entschärft werden kann. Etwa im seinerzeitigen Konflikt zwischen der Türkei und Griechenland. Man kann also unterschiedliche Sichtweisen haben aber der NATO nicht vorwerfen, dass sie andere Staaten mit militärischer Gewalt niederringt, um ihre Einflussspäre oder Ihr "Staatsgebiet" zu vergrößern. Deshalb fällt die zitierte Analyse so aus wie sie niedergeschrieben wurde. Dr. Siegfried Albel