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Blackout - Eine nationale Herausforderung bereits vor der Krise

Im Zuge des durch die IGBO geförderten Masterstudiums wurde die Forschungsarbeit "Blackout - Eine nationale Herausforderung bereits vor der Krise" erstellt.

 

Executive Summary

Fast unsere gesamte lebens- und überlebensnotwendige Infrastruktur hängt von der Verfügbarkeit der Stromversorgung ab. Ein Ausfall der bisher sehr zuverlässigen Stromversorgung würde innerhalb kürzester Zeit verheerende Folgen nach sich ziehen.

Aufgrund der im Rahmen der Analyse der geplanten Einführung von intelligenten Stromzählern gewonnenen Erkenntnisse1 und der aktuellen Berichterstattung, erfolgte eine vertiefende Betrachtung des Themas „Blackout“. Unter Blackout ist in dieser Arbeit ein plötzlicher, großräumiger, länger andauernder Stromausfall zu verstehen. Ziel war die Verifizierung, ob es sich hier um einen Hype2, oder um eine reale Bedrohung handelt.

Seit wenigen Jahren gibt es zahlreiche schwerwiegende Eingriffe in das komplexe System der europäischen Stromversorgung, wie nun auch eine Analyse der deutschen Bundesnetzagentur, die Anfang 2012 veröffentlicht wurde, festhält:

„Der hierfür notwendige Umbau des Versorgungssystems erfolgt dabei am 'offenen Herzen', nämlich im Vollbetrieb und aus Netzperspektive zunehmend an seiner Grenze.“3

Die Auswirkungen auf die zukünftige Stromversorgungssicherheit sind daher nicht wirklich absehbar. Wie sich im Rahmen der Analyse herausgestellt hat, gibt es derzeit sehr viele Anhaltspunkte, dass es sich beim Thema Blackout um eine reale Bedrohung handelt. Ganz wesentlich dabei ist, dass es sich aufgrund des eng vernetzten, europäischen Verbundsystems um keine reine nationale Angelegenheit handelt. Es kann durchaus davon ausgegangen werden, dass die Auslösung eines möglichen Blackouts nicht in Österreich stattfindet. Darüber hinaus liegen mehrere Aussagen von österreichischen Netzbetreibern vor, dass bei einem österreichweiten Blackout die Stromversorgung unter günstigen Voraussetzungen erst nach etwa 24 Stunden wieder weitgehend hergestellt werden kann. Seriöse Kostenanalysen erwarten bei einer österreichweiten Stromversorgungsunterbrechung, abhängig von der Jahres- und Tageszeit, Schäden von bis zu 900 Millionen Euro pro Tag.

Ein weiteres Ergebnis der Analyse ist, dass der Großteil der Gesellschaft – mit einigen Ausnahmen, vom einfachen Bürger bis zur nationalen Katastrophenhilfe – über keine ausreichenden Bewältigungskompetenzen verfügt. Dies ist vor allem auf den Widerspruch zwischen Risikowahrnehmung und der Realität zurückzuführen. Es fehlt weitgehend an einem entsprechenden Risikobewusstsein, an adäquaten Krisenpräventionsmaßnahmen und insbesondere an der Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung. Dies ist auf die de-facto nicht vorhandene Risikokommunikation, die Vermittlung des Umgangs mit Unsicherheiten und Gefahren, zurückzuführen. Besonders nachteilig im Fall eines Blackouts ist die mangelnde Selbsthilfefähigkeit und Eigenvorsorge der Bevölkerung, welche für eine Schadensminimierung ganz wesentlich sind. Auf der organisatorischen Ebene ist die Bewältigung eines möglichen Blackouts nicht auf rein regionaler Ebene möglich und wird wahrscheinlich sogar eine länderübergreifende Koordinierung erfordern. Diese erfordert aber eine präventive Vorbereitung.

Überraschend war nach der Analyse der verschiedensten Quellen auch die Erkenntnis, dass in der Regel sehr einseitig gedacht und analysiert wird, vor allem mit Fokus auf mögliche Vorteile, selten auf eventuelle Nachteile. Diese Erkenntnis ist wahrscheinlich auf ein noch zu wenig ausgeprägtes vernetztes Denken zurückzuführen. Hier sind vor allem die Bildungs- und Forschungseinrichtungen gefragt. Einerseits in der Wissensvermittlung und andererseits bei der konkreten Forschungsarbeit, diesem Manko entgegenzuwirken.

Eine zukünftig große Herausforderung wird die möglichst klare Trennung zwischen Erfordernissen des Marktes und jenen, welche für die Überlebensfähigkeit von Systemen und Infrastrukturen von entscheidender Bedeutung sind. Derzeit ist häufig eine langfristig gesehen, kontraproduktive Vermischung und damit auch Irreführung der Entscheidungsträger zu beobachten.4 Marktwirtschaftliche Interessen spiele dabei eine große Rolle.

Die vorliegende Analyse dient keinesfalls der „Panikmache“ oder als „Weltuntergangsszenario“, sondern soll viel mehr zu einer Sensibilisierung des Lesers und vor allem der Verantwortungs- und Entscheidungsträger beitragen. Risiken zu überleben ist ein wichtiger Bestandteil der Evolution und Motor für Weiterentwicklungen. Damit dies möglich ist, muss aber auch eine aktive Auseinandersetzung mit diesen erfolgen. Hierbei gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten – präventiv oder reaktiv. Reaktiv führt zur Einschränkung der Handlungsfreiheit und bedeutet in der Regel, unter in Kaufnahme von Verlusten, was heute selten akzeptiert wird. Der entscheidende Punkt dabei ist, dass die Wahrnehmung von Risiken von Emotionen abhängt und es keine Veränderung ohne Emotionen gibt.5

Die Conclusio dieser Arbeit ist, dass das Thema Blackout durchaus eine reale Bedrohung für unsere Gesellschaft darstellt. Gleichzeitig muss aber auch betont werden, dass wir unserer Zukunft nicht hilflos ausgeliefert sind, sondern den Verlauf selbst mitbestimmen können und müssen.

Eine weitere Vertiefung im Bereich der möglichen Krisenprävention und -reaktionsfähigkeiten ist im Rahmen der folgenden Masterarbeit beabsichtigt.

 

Deshalb ist es Zeit, umgekehrt zu denken und die als zu verwirklichenden Veränderungen vom Endziel her ausgehend und nicht die Ziele von den verfügbaren Mitteln und den sofort zu stopfenden Löchern her zu definieren.“

André Gorz, Sozialphilosophe, aus „Die entzauberte Arbeit“


1Vgl. Saurugg, 2011b.

2Übertriebene und aufgebauschte, meist kurzlebige, Nachricht.

3Vgl. Bundesnetzagentur, 2011b, S. 47.

4Vgl. Bundesnetzagentur, 2011b.

5Vgl. Witzer, 2011, S. 105ff.


Aufgrund der hohen Aktualität des Themas hat sich die Redaktion der Zeitschrift TRUPPENDIENST dazu entschlossen, eine Beitragsserie zu diesem Thema zu gestalten. 

Blackout
















Die Gesellschaft hat in den vergangenen Jahrzehnten fast ihren gesamten Wohlstand auf den Energieträger Strom aufgebaut. Weite Teile der lebenswichtigen, strategischen Infrastruktur aber auch das gesamte Gemeinwesen funktionieren nur durch eine verlässliche Energieversorgung. Viel Wert wurde auf die Verfügbarkeit von elektrischer Energie gelegt. Künftig muss noch mehr darauf Bedacht genommen werden, einen totalen Stromausfall (Blackout) und dessen kurz-, mittel- und langfristig katastrophale Schäden zu verhindern bzw. nach dessen Eintritt rasch zu bewältigen.

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Ergänzung 12.02.12

Einstweilen dürfte sich die Lage entspannen. Die Kältewelle verschwindet. "Die Katastrophe ist zwar ausgeblieben", heißt es in einem Stromkonzern, "aber wenn man den Deckel hochhebt, tut sich die Hölle auf." Auch EU-Kommissar Oettinger will von Entwarnung nichts wissen. Die Bewährungsprobe folge in den nächsten zehn Jahren, wenn neun weitere Kernkraftwerke vom Netz gehen - dann müssten "Produktions- und Kapazitätsreserven" aufgebaut werden. Oettinger: "Das ist die eigentliche Aufgabe, die vor uns liegt." 

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