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Beitrag zur Lagebeurteilung

Es ist durchaus zulässig, die Notwendigkeit der allgemeinen Wehrpflicht zu diskutieren, da sie zumindest in Teilbereichen nicht mehr den aktuellen militärischen Erfordernissen ent­sprechen könnte. Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass es neben den militärischen Aspekten auch andere gibt, was auch immer wie­der durch unbeteiligte Dritte bestätigt wird, die zu berücksichtigen sind. Es geht um einzigartige Erfahrungen für junge Menschen, die durchaus wichtig und notwendig für eine soziale Entwicklung erscheinen. Dies gilt auch für den Zi­vildienst. Diese Erfahrungen müssen nicht zwangsläufig positiv sein, oder immer als solche gesehen werden. Wo­bei die eher negativen Erfahrungen der Systemerhalter eine eigene Kategorie darstellen und hier wohl der größte Handlungsbedarf besteht, was aber auch kosten wird. 

Dieser Bereich stellt aber gleichzeitig auch die größte Gefährdung für das Österreichische Bundesheer, bei einer kurzfristigen Abschaffung der Wehrpflicht, dar. Wenn, wie zumindest vom Verteidigungsminister beabsichtigt, be­reits 2012 die Wehrpflicht ausgesetzt werden sollte, dann wird das wohl oder übel zu einem Chaos im System Bundesheer führen, dass sich wesentlich auf die billigen Arbeitskräfte Systemerhalter abstützt. Vor allem werden davon die notwendigen Territorialaufgaben betroffen sein. Dieses System kann man nicht kurzfristig umstellen, außer man nimmt massive Verschlechterungen für die restliche Struktur in Kauf. Ob sich damit wiederum neue Freiwillige anwerben lassen, muss massiv bezweifelt werden. Die derzeitigen Annahmen gehen wohl von einem hohen Interesse für Funktionen im militärische Bereich mit Abenteuerpotential aus und weniger für relativ unattraktive Jobs wie, Portier (jetzt Wache), Werkstättengehilfe, Küchengehilfe, Grünflächenbetreuer, Kraftfahrer oder sonstige Unterstützungsdienste. Zusätzlich ist die militärische Sicherheit zu berücksichtigen, da auch für diese Tätigkeiten entsprechend verlässliche und vertrauenswürdige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen er­forderlich sind. Bei entsprechender Bezahlung wird man auch für diese Jobs Leute finden, was aber wieder ein besseres/teureres Anreizsystem für den militärischen Dienst erfordern wird. Damit steigen die (Personal-)Kosten, die ja jetzt schon ständig als zu hoch kommuniziert werden. Ich nehme auch nicht an, dass man daran denkt, das über Stand geführte Personal für derartige Jobs heranzuziehen. Ausschließen möchte ich es aber auch nicht, da es ja bereits genügend Negativerfahrungen aus anderen (ehemaligen) öffentlichen Bereichen gibt. Dass sich das Un­ternehmensklima dadurch nicht verbessern wird, ist selbstsprechend, auch, dass das nicht zur Attraktivitätssteigeru­ng führt.

 

Aus Sicht eines Offiziers ist es bedauerlich, wenn es bei der Diskussion um die zukünftige Gestaltung des Österrei­chischen Bundesheeres primär um militärische Nebensächlichkeiten, wie Systemerhalter oder Zivildiener geht. Aber als Offizier muss man auch diese Realitäten zur Kenntnis nehmen. Ohne Zivildiener und ohne Systemerhal­ter, vor allem durch eine kurzfristige Aussetzung oder Abschaffung der Wehrpflicht und ohne einen planmäßigen Übergang, wird es zwangsweise, sowohl im sozialen Bereich als auch im Österreichischen Bundesheer, zu massi­ven Problemen, wenn nicht sogar zu Chaoszuständen kommen. Das dies zu einer Kostensenkung in irgend einem Bereich führen wird, ist wohl nicht anzunehmen. Dass dafür dann die „unwilligen“ Organisationen geprügelt werden, muss nicht weiter erwähnt werden. 

Es ist daher die Pflicht eines jeden Offiziers, aber auch eines jeden Soldaten, egal ob er für oder gegen die Wehrpflicht ist, auf diese „Nebensächlichkeiten“ hinzuweisen. Und daher muss auch die Offenlegung der derzeit für die Modellberechnung herangezogenen Rahmenbedingungen gefordert werden. 

Der Verteidigungsminister spricht immer wieder von der Reform des Bundesheeres und sagt im gleichen Atem­zug, dass es ihm nur um die Abschaffung der Wehrpflicht geht. Ob und wie das System nachher funktionieren soll, scheint ihn nicht zu interessieren. Dies wird auch dadurch unterstrichen, indem er bereits jetzt, ohne jeglicher rechtlicher Grundlagen und entsprechender organisatorischer Rahmenbedingungen, die Aussetzung der Wehr­pflicht mit 2012 ankündigt. Die Transformation ÖBH 2010 hat mehrere Jahre gedauert und ist letztendlich, man­gels erforderlicher Anschubfinanzierung, gescheitert. Nun will man uns weiß machen, dass eine „Reform“ inner­halb weniger Monate, mit noch weniger Ressourcen und noch schlechteren Voraussetzung, umgesetzt werden soll und das bei gleich bleibender Leistung. Das ist einfach nicht glaubwürdig und daher ist es Pflicht eines jeden mündigen Staatsbürgers, derartigen populistischen Aussagen mit entsprechenden Sachargumenten entgegenzu­treten, bzw. eine entsprechende Transparenz bei den Entscheidungsgrundlagen und Entscheidungen einzufor­dern. Die Wiederherstellung eines Systems bei nicht funktionieren des neuen Systems, wie es politisch kommuni­ziert wurde, ist völlig illusorisch. Dies ist keine Übung, sondern ein Einsatzfall und da gibt es kein zurück an den Start. Wenn dieser Schritt nicht entsprechend umsichtig und nachhaltig geplant und begonnen wird, wird es keine zweite Chance geben. Ein Bundesheer NEU und auch der Sozialbereich wird nur mit einer entsprechend gut vor­bereiteten Übergangsphase funktionieren. Kurzsichtige Entscheidungen werden ins Chaos führen.

 

Zum Wohle unserer Heimat, der Republik Österreich!